11. Juni 2016

GJ Würzburg verurteilt Morddrohungen wegen Armenien-Resolution



Am 2. Juni wurde im Bundestag eine Resolution verabschiedet, die den Völkermord an den Armenier*innen und anderen Minderheiten im damaligen Osmanischen Reich anerkennt. Während viele Spitzenpolitiker*innen von Schwarz-Rot der Abstimmung ferngeblieben waren, stimmte eine überwältigende Mehrheit der Anwesenden für den Antrag, bei einer Enthaltung und einer Gegenstimme.

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla, welche gegen die Resolution gestimmt hatte, führte sehr fragwürdige Argumente für ihre Entscheidung an: “Die politischen als auch finanziellen Folgen, die sich aus diesem Antrag ergeben, sind nicht kalkulierbar. Unmittelbare finanzielle Folgen könnten sich durch das Aufmachen von Wiedergutmachungsforderungen seitens Armenien ergeben. […] Allein aus der Kenntnis von Vorgängen, kann meines Erachtens nicht abgeleitet werden, dass das Deutsche Reich eine Mitschuld an den damaligen Ereignissen der Verfolgung der Armenier trägt.” Bedauerlicherweise wurde über diese widerlichen, menschenverachtenden Sätze nicht berichtet, daher blieben diese Aussagen der Unmenschlichkeit von der Bevölkerung unbemerkt.

Erschreckend ist die Tatsache, dass viele Abgeordente – speziell türkischstämmige – wegen ihrer Unterstützung der Resolution massiv bedroht wurden und werden, nicht wenige Parlamentsmitglieder erhielten Morddrohungen. So benötigt Cem Özdemir, maßgeblich an der Resolution beteiligt, inzwischen Polizeischutz. Hinter den Einschüchterungen und Morddrohungen, welche schon vor der Abstimmung begannen, stecken meist Erdoğan-Anhänger*innen und/oder Turkfaschist*innen.

Dass die AKP und auch Recep Tayyip Erdoğan persönlich drohen und Hetze betreiben, macht die Lage umso gefährlicher. Die türkische Regierung benutzt inzwischen dieselbe Sprache für Unterstützer*innen der Resolution, die sie bereits bei türkischen und kurdischen Politiker*innen und Journalist*innen verwendet, welche das Regime kritisieren. Jetzt rächt sich Angela Merkels Passivität bei dem schrittweisen Abbau der Demokratie durch die AKP-Regierung und bei den türkischen Verbrechen an der kurdischen Zivilbevölkerung.

Zu den Organisationen, welche gegen die Resolution sind, gehören die “Grauen Wölfe”, die AKP-Lobbyorganisation Union Europäisch-Türkischer Demokraten und die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, meist DİTİB genannt, die der türkischen Regierung untersteht.

Es ist hierbei kein Zufall, dass faschistische Organisation, die auch an den “Friedensdemonstrationen” gegen die “Terroristen” der PKK im April teilgenommen hatten, jetzt gegen die Armenien-Resolution Stimmung machen und gegen die “Einmischung” des Bundestags auf die Straße gehen. In Würzburg kam es 03. Juni ebenfalls zu einer solchen Demonstration, welche aber nur wenige Teilnehmer*innen hatte und dadurch praktisch nicht registriert wurde. Der türkische Faschismus ist an sich xenophob, ist anti-kurdisch und anti-armenisch; die Wahrheit über den Völkermord an den Armenier*innen und den drohenden Völkermord an den Kurd*innen muss verschwiegen werden, um das eigene Weltbild nicht zu stören.

Der lange Arm Erdoğans

Die GRÜNE JUGEND Würzburg hatte bereits Anfang April angemahnt, dass die verschiedenen Strömungen des türkischen Faschismus, vom islamisch-konservativem Osmanismus  Erdoğans bis zum pantürkischen Ultranationalismus, eine Bedrohung der Demokratie darstellen und von Politik und Sicherheitsbehörden als solche nicht erkannt werden. Die Morddrohungen zeigen auf erschreckende Weise, wie stark und wie gefährlich der türkische Faschismus hier ist. Politiker*innen haben in der Vergangenheit Vertreter*innen der “Grauen Wölfe”, welche sogar Mitglieder in Parteien einschleusen, und AKP-nahe Organisationen hofiert. Dadurch wurden sie gestärkt und legitimiert. Deshalb liegt es nun an der Gesellschaft, den Ernst der Lage zu erkennen und dem Treiben dieser Faschist*innen nicht tatenlos zuzuschauen.



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